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Auch aus der unmittelbaren Nachbarschaft des Strandhotels, dem
„Kolonialwarengeschäft“ der Familie Jassmann Ecke Liehrstra-
ße/Delbrückstraße, liegt uns ein Stimmungsbericht aus den 30er
Jahren vor.
Über viele Jahrzehnte war es als kombiniertes Wohn- und Ge-
schäftshaus ein sozialer Mittelpunkt in der Delbrückstraße, wo
man sich nicht nur mit den Dingen des täglichen Bedarfs versorg-
te, sondern auch Neuigkeiten austauschte und seine Nachbarn
traf. Wenn man die Augen schließt, hört man vielleicht noch die
Stimmen aus alter Zeit, die von gerade eingetroffenen Sommer-
gästen erzählen, vom Schlachter Dinse, der mit seinem Fuhrwerk
auf demWeg nach Swinemünde umgestürzt war und sich tödlich
verletzt hatte, von der Geburt eines Mädchens ein paar Häuser
weiter und vom Fischer Ernst Gamradt, der den jungen Hans Al-
bers mit seinem Segelboot hinaus auf die Ostsee gefahren hatte.
„Wissen Sie, wen wir heute auf der Strandpromenade getroffen
haben?“
, mischte sich eine Kundin in die Unterhaltung ein,
„Ri-
chard Tauber mit seiner Ehefrau Carlotta Vanconti und Henny
Porten mit ihrem Mann. Tauber sieht genauso aus wie auf den
Plakaten, etwas rundlich und das Monokel im rechten Auge...“
Das war damals, als über dem Laden noch in schwarzen Lettern
zu lesen war „Kolonial- und Delikatesswaren“ und darunter der
Schriftzug mit dem Namen des Eigentümers Kaufmann Albert
Jassmann. Ende 30 war er gewesen, als er im Jahre 1919 mit
seiner jungen Ehefrau das Haus von Kaufmann Siebert erworben